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Gericht: Oberlandesgericht Celle
Urteil verkündet am 01.12.2004
Aktenzeichen: 3 U 160/04
Rechtsgebiete: UKlaG
Vorschriften:
UKlaG § 2 |
Oberlandesgericht Celle Im Namen des Volkes Urteil
Verkündet am 1. Dezember 2004
In dem Rechtsstreit
hat der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Richter am Oberlandesgericht ..., ... und ... auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2004 für Recht erkannt:
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27. April 2004 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Hannover geändert; die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird gestattet, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe eines die vollstreckbare Forderung um 15 % übersteigenden Betrages abzuwenden, soweit nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch nach dem Unterlassungsklagengesetz geltend.
1998 wurde Herr M. in seiner Wohnung von einem Mitarbeiter der Beklagten aufgesucht. Herr M. beteiligte sich dann an drei Immobilienfonds und finanzierte diese Beteiligung, wobei der Mitarbeiter der Beklagten ihn den Kreditantrag der Beklagten unterschreiben ließ.
Herr M. widerrief seine Willenserklärungen im Kreditantrag, wobei er die Auffassung vertrat, die Widerrufsbelehrung sei nicht wirksam.
Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, die erteilte Widerrufsbelehrung sei ausreichend und wirksam und hat auf ein Abmahnschreiben der Klägerin die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt.
Das Landgericht hat die Klage für begründet erachtet.
Da die Beklagte nicht bereit sei, eine Unterlassungserklärung abzugeben, sich nicht mehr auf das Formular zu berufen, sei unbeachtlich, dass sie inzwischen das Formular nicht mehr verwendet.
Die Belehrung nur nach dem Verbraucherkreditgesetz reiche nicht aus. Die Widerrufsbelehrung müsse sich auch am Maßstab des Haustürwiderrufsgesetz messen lassen, entspreche dem aber nicht. Die Widerrufsbelehrung sei drucktechnisch nicht deutlich i. S. v. § 2 Abs. 1 HtWG gestaltet. Die Belehrung mit ihrer Eingrenzung, dass der Widerruf nicht als erfolgt gelte, wenn der ausgezahlte Kreditbetrag nicht innerhalb von zwei Wochen entweder nach Erklärung des Widerrufs oder nach Empfang des Kreditbetrages an die Bank zurückgezahlt werde, entspreche zwar § 7 Abs. 3 VerbrKG, nicht jedoch dem Haustürwiderrufsgesetz, das eine solche Begrenzung nicht kenne.
Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Der Klägerin fehle es an den Voraussetzungen des § 2 UKlaG. Die Klägerin wolle lediglich der Beklagten in Fällen geltend gemachter Rückabwicklung bestehender Verträge die Rechtsverteidigung im konkreten Fall einschränken.
Die im Kreditvertrag M. im Jahr 1998 enthaltene Widerrufsbelehrung habe nach der damaligen Gesetzeslage und Rechtsprechung die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Belehrung sowohl nach Verbraucherkreditgesetz als auch nach Haustürwiderrufsgesetz enthalten.
Die Widerrufsbelehrung sei auch drucktechnisch deutlich gestaltet.
Es sei auch unzutreffend, wenn das Landgericht meine, dass neben der Widerrufsbelehrung nach dem Verbraucherkreditgesetz eine gesonderte Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz zu erfolgen habe.
Der Urteilstenor sei nicht hinreichend bestimmt und verlagere die Feststellung des unter Sanktion gestellten Verhaltens in das Vollstreckungsverfahren.
Die Beklagte beantragt,
unter Aufhebung des am 27. April 2004 verkündeten Urteils des Landgerichts Hannover (14 O 148/03)
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen, das angefochtene Urteil sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 3. November 2004 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg; sie führt zur Änderung des angefochtenen Urteils und zur Klagabweisung.
1. Das Landgericht hat die Aktivlegitimation der Klägerin gemäß § 3, 4 UKlaG bejaht. Das zieht die Berufung auch nicht in Zweifel.
2. Der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung steht der Klägerin nicht zu, weil es an der Wiederholungsgefahr fehlt.
Nach § 2 UKlaG kann, wer in anderer Weise als durch Verwendung oder Empfehlung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Vorschriften zuwider handelt, die dem Schutz der Verbraucher dienen (Verbraucherschutzgesetze), im Interesse des Verbraucherschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Verbraucherschutzgesetze i. S. d. Vorschrift sind u. a. die Vorschriften des BGB, die für Haustürgeschäfte und Verbraucherdarlehensverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten (§ 2 Abs. 2 Ziffer 1 UKlaG). Vorliegend geht es um die Vorgängervorschriften in Gestalt des Haustürwiderrufsgesetzes und des Verbraucherkreditgesetzes.
Ungeschriebene materielle Anspruchsvoraussetzung ist dabei die Wiederholungsgefahr. Dabei gilt, dass für den die Beweislast tragenden Gläubiger in der Regel eine tatsächliche Vermutung streitet, an deren Entkräftung durch den Verwender hohe Anforderungen zu stellen sind (vgl. BGH, NJW 2002, 2386, unter I. 2.). Die bloße Absichtserklärung des Verwenders, Verbraucherschutzvorschriften zukünftig nicht zuwider zu handeln, reicht regelmäßig allein nicht aus, die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen (vgl. ebenda). Für das Fortbestehen der Wiederholungsgefahr spricht demgegenüber, wenn noch im Rechtsstreit die Rechtmäßigkeit der Zuwiderhandlung behauptet wird (vgl. ebenda).
Ausgeräumt ist die Wiederholungsgefahr, wenn derjenige, der Verbraucherschutzvorschriften zuwider gehandelt hat, eine ernsthafte und unbedingte Unterlassungserklärung bezüglich aller möglichen Anwendungsfälle abgibt und seine Unterlassungspflicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung oder in vergleichbarer Weise absichert.
So verhält es sich vorliegend. Die Parteien haben vor dem Senat einen Vergleich geschlossen. Nach dessen Inhalt hat sich die Beklagte verpflichtet, sich außergerichtlich gegenüber einem Verbraucher, der mit der Beklagten einen Kreditvertrag gemäß dem früher von der Beklagten verwendeten Muster abgeschlossen hat und der einen Widerruf nach § 3 HtWG erklärt hat, nicht darauf zu berufen, dass der Widerruf nach dem HtWG verfristet sei. Der Vergleichstext in Ziffer 1 des Vergleichs weicht zwar von Ziffer 1 des Klagantrags sowie Ziffer 1 des Urteilstenors ab. Diese Abweichung diente aber allein der Klarstellung. Namentlich war der Hinweis auf die Haustürsituation entbehrlich, weil anderenfalls ohnehin das Haustürwiderrufsgesetz nicht anwendbar wäre und sich die Frage des Widerrufs nach diesem Gesetz nicht stellte. Die Beklagte hat diesen Vergleich gegen sich gelten lassen und ihn nicht widerrufen. Dem Rechtsschutzinteresse der Klägerin ist durch den Vergleich in vollem Umfang Genüge getan worden. Eine Wiederholungsgefahr besteht auf der Grundlage des Vergleichs, den die Klägerin kurz vor Ablauf der Widerrufsfrist widerrufen hat, nicht mehr.
Ergänzend weist der Senat auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofs Wien hin (4 Ob 91/89, Entscheidung vom 11. Juli 1989, Medien und Recht 1989, 145, 146, st. Rspr.). Danach wird die Vermutung einer Wiederholungsgefahr eines Wettbewerbsverstoßes regelmäßig durch ein - wenn auch vom Verletzten abgelehntes - Vergleichsangebot des Verletzers beseitigt, mit dem dieser sich in einem vollstreckbaren Vergleich zu der begehrten Unterlassung verpflichten will und dem Verletzten damit all das anbietet, was er durch eine obsiegende Entscheidung erlangen könnte, wenn aus dem Verhalten des Verletzers nach der Beanstandung des Wettbewerbsverstoßes und während des Rechtsstreites Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass er ernstlich gewillt ist, Störungen in der Zukunft zu unterlassen. Nicht anders verhält es sich hier. Wie bereits ausgeführt, entsprach Ziffer 1 des Vergleichs - wenn auch mit sprachlicher Änderung, aber ohne Abweichung in der Sache - dem Klagantrag. Es werden die alten Formulare, um die es vorliegend geht, von der Beklagten ohnehin nicht mehr verwendet. Das hat die Klägerin auch nicht in Zweifel gezogen. Darauf, dass die Beklagte sich ursprünglich geweigert hatte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, kommt es angesichts des Vergleichsschlusses nicht mehr an.
Auch das weitere Verhalten der Beklagten spricht gegen die Annahme, die Beklagte werde den gerügten Verstoß (dazu sogleich) wiederholen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sich gezeigt, dass es der Beklagten bei ihrer Rechtsverteidigung gerade auch darum ging sicherzustellen, nicht zukünftig damit ausgeschlossen zu sein vortragen zu können, eine Haustürsituation habe nicht vorgelegen. Nach Erörterung dieser Frage hat die Beklagte das bei den Akten befindliche Vergleichsangebot, das in der Sache einem Anerkenntnis entspricht, abgegeben.
Demgegenüber kann der Senat die bereits in der mündlichen Verhandlung erörterte Frage offen lassen, ob es nicht schon an einem Erstverstoß fehlt, denn die Klägerin begehrt die Unterlassung dahingehend, dass sich die Beklagte gegenüber einem Verbraucher nicht in einer bestimmten Art und Weise verhalten darf, wohingegen im Ausgangsfall die Beklagte sich nicht gegenüber einem Verbraucher selbst, sondern gegenüber dessen bevollmächtigtem Rechtsanwalt geäußert hatte.
3. Aus obigen Gründen war auf die Berufung der Beklagten das Urteil wie geschehen zu ändern. Die Entscheidung zu den Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Senat lässt die Revision nicht zu. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind vorliegend nicht erfüllt. Eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der genannten Vorschrift liegt nur dann vor, wenn eine gerade für den vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserhebliche Rechtsfrage bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist. Entscheidungserheblich ist vorliegend namentlich die Frage der Wiederholungsgefahr, insoweit fehlt es an einer grundsätzlichen Bedeutung. Dass Fragen des Unterlassungsklagengesetzes grundsätzliche Bedeutung haben mögen, reicht für die Zulassung der Revision nicht aus, weil es vorliegend auf solche Fragen zur Entscheidung nicht ankommt.
Ende der Entscheidung
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